NIDA
Eroberung Galliens
Durch das Triumvirat mit Pompeius und Crassus errang Julius Caesar das Konsulat (59 v. C.). Der 41-Jährige ließ sich daraufhin 58 v. C. mit der Verwaltung der Provinz Gallien und der Eroberung des Landes beauftragen. Bis zum Jahre 55 v. C. hatten die zehn Legionen Caesars den größten Teil Galliens unterworfen. Mit dem Sieg über König Vercingetorix nach einmonatiger Belagerung bei Alesia (52 v. C.) schloß er die Eroberung der Provinz Gallia Transalpina ab. Damit wurde der Rhein zur Grenze des Römischen Imperiums. Germanische Stämme unternahmen dennoch Beutezüge jenseits des Rheines. Deshalb befahl Drusus, ein Stiefsohn Kaisers Augustus‘, als Oberbefehlshaber der Rheingrenze, mehrere Operationen gegen das freie Germanien rechts des Rheines. Als Militärbasen wurden am linken Ufer Mogontiacum (Mainz) Vetera (Birten bei Xanten) und Numaga (Nijmwegen) errichtet.
Widerstand der Chatten
Von Mainz aus begann der Feldzug des Jahres 9 v. C. gegen die germanischen Chatten (Hessen) im nördlichen Hessen, gegen Sueben, Markomannen und Cherusker. Davon zeugt noch heute das erst 1960 entdeckte Lager in Rödgen bei Bad Nauheim mit drei mächtigen Getreidespeichern. Drusus stieß mit seinen Truppen ostwärts bis zur Elbe vor. Auf dem Rückmarsch stürzte er vom Pferd und starb am 14.9.9 v. C. im Thüringer Wald an einem Oberschenkelhalsbruch. Die jahrzehntelang unbesiegten Chatten blieben auch weiterhin ein Stachel im Fleisch der römischen Eroberer. Daher begann Kaiser Domitian im Frühjahr 83 n. C. wiederum eine Offensive rechts des Rheins. Ohne einen endgültigen Sieg errungen zu haben, blieben von dieser Zeit an Rheingau und die fruchtbare Wetterau fest in römischer Hand. Danach begannen die Arbeiten am obergermanischen Limes. Um 90 n. C. wurden die Provinzen „Germania inferior“ (Niedergermanien) und „Germania Superior“ (Obergermanien) offiziell eingerichtet. Der obergermanische Statthalter residierte in Mainz.
NIDA entsteht
An der Aufmarschroute gegen die Chatten errichteten römische Legionäre ab den 70er Jahren des 1. Jahrhunderts zwischen Praunheim und Heddernheim auf einer Anhöhe nördlich der Nidda nacheinander 10 verschiedene Militärlager und gegen Ende des 1. Jahrhunderts ein fünf Hektar großes Steinkastell für die Reitereinheit ALA I FLAVIA GEMINA mit 500 Mann. Zeitweilig waren dort auch zwei Fußtruppen (cohors) stationiert: COHORS XXXII VOLVNTARIORVM CIVIVM ROMANORVM sowie die COHORS IIII VINDELICORVM. Die Befestigung belegte eine Fläche von 186 x 282 Metern, sie hatte 30 Türme und vier Tore, die von Türmen flankiert wurden. Westlich und nördlich des Alen-Kastells, entlang der Straßen nach Mainz und zur Saalburg, entwickelte sich das umfangreiche Dorf NIDA. Um 110 n. C. wurde die Besatzung des Kastells zusammen mit den Truppen auf dem Frankfurter Domhügel zur neuen Reichsgrenze, dem Limes, verlegt. Die vom Militär besetzten Gebiete nördlich des Mains wurden zu dieser Zeit in zwei zivile Verwaltungsgebiete aufgeteilt.
NIDA Hauptort der Civitas Taunensium
Im westlichen Teil (Civitas Mattiacorum) wurde Aquae Mattiacorum (Wiesbaden) mit seinen bei den Mainzer Legionären so beliebten Thermen zum Hauptort bestimmt. In der östlichen Region, der Civitas Taunensium, erhob der römische Statthalter von Obergermanien NIDA zum Verwaltungsmittelpunkt. NIDA entwickelte sich nach seiner administrativen Aufwertung rasch zu einer ansehnlichen Stadt mit einem Hafen an der Nidda auf der Höhe der heutigen Hadrianstraße. Drei Brücken überspannten das Flüßchen, dessen keltischer Name auf die römische Stadt übertragen wurde. Eine CIVITAS war ein organisierter Gemeindeverband, zu dem der Hauptort und alle kleineren Gemeinden und Gutshöfe (Villae Rusticae) gehörten. Alle freien Bürger einer CIVITAS waren wahlberechtigt. Sie wählten den Stadtrat (ordo decurionem). Die Ratsherren (decuriones) wählten verschiedene Jahresbeamten: zwei gleichberechtigte Bürgermeister (duoviri iure dicundo), die höchsten Beamten des Gemeinwesens, und die Aedilen (duoviri aediles), die u.a. für die Gewerbeaufsicht zuständig waren.
Handel und Gewerbe in NIDA
Ausschlaggebenden Verdienstmöglichkeiten der Stadt waren Handel und verschiedene Handwerke. In NIDA wissen wir vom Ölimport aus der Provinz Baetica (Südspanien). Von Rhodos und Südgallien kam der Wein, die Würzsauce Garum bezogen NIDAs Bürger aus Südspanien. Durch Funde sind als Handwerker gesichert: Maurer, Zimmerleute, Steinmetz, Maler, Schmied, Schlosser, Möbelschreiner, Bronzegießer sowie Bronze-, Gold- und Silberschmiede. Weiter wurden Hinweise gefunden auf Schuhmacher, Metzger, Barbier und Arzt, der damals zu den Handwerkern zählte. Archäologen haben zudem Knochenschnitzer, Leimsieder und Töpfer nachgewiesen. NIDA war damals bekannt für seine über 100 Töpfereien. Ein Töpferofen steht noch heute restauriert nahe der Rosa-Luxemburg-Straße ein weiterer wird derzeit an der Straße „In der Römerstadt“ ausgegraben.
Stadtmauern und Straßen
Die Stadt wurde von einer zwei Meter breiten und sechs Meter hohen Stadtmauer mit Zinnen in einer Länge von knapp drei Kilometern umgeben. Das ummauerte Areal betrug etwa 48 ha. Sieben turmbewehrte Tore führten aus der Stadt hinaus. Ähnlich wie bei einem Spinnennetz führten Straßen aus allen Himmelsrichtungen in die Stadt hinein. Der Stadtmauer vorgelagert war ein sieben Meter breiter Graben (ein kleiner Rest „Am FORUM“ 29). Auch außerhalb der Umwehrung gab es noch Wohnhäuser. In den Jahren 259/60 mußten die Römer unter dem ständigen Ansturm der germanischen Alamannen den Limes aufgeben. Die Truppen zogen sich hinter die Rheinlinie zurück. Damit war auch das Ende des römischen NIDA gekommen. (Jürgen W. Fritz)